Freitag, 25. März 2016
Zu zweit (Berlin, den 26.10.2015)
Heute hatte ich meine kleine Assistentin, Mariella, mit im Rathaus. Es sind noch Herbstferien und daher hatte ich Marie heute morgen gefragt, ob sie mit mir ins Rathaus kommen, oder lieber zu Hause bleiben möchte. "Nein, ich möchte mir mal ansehen wie das so im Flüchtlingslager läuft und was du da so machst, Mama. Ich komme sehr gerne mit."

Und so saßen wir dann gemeinsam (bei schönstem Sonnenschein) im Auto und krochen den T- Damm entlang (wie Ameisen auf einer niemals enden wollenden Ameisenstrasse). Angekommen in Wilmersdorf, nach einer "porca miseria" aus "stop and go", war es dann auch mal wieder gar kein Problem einen Parkplatz in meiner "Lieblingstrasse" zu bekommen - "Toll jetzt sehe ich endlich auch mal deine Lieblingsstrasse Mama!"

Am Haupteingang bekam ich schlicht und ergreifend den Zusatz "mit Kind" eingetragen und los ging´ s zum Infostand, wo Marie sich stolz ihr Namensschild beschriftete...meine kleine Assistentin. Durch den Hof ging`s dann zu Zweit ins Hauptgebäude, wo uns schon der Wächter aufgeregt entgegenstürmte. "Heute lasse ich mich aber nicht so einfach abspeisen!", prustet er los: "Heute singst`e aber mal endlich wieder hier unten." Ich blicke zu Marie und bekunde, dass ich heute wegen meiner Tochter vorhab, nur im Frauenzimmer zu singen. "Letztes mal hast du aber gesagt, dass du nächstes mal auch hier unten bei uns singst!" Er verzieht gekränkt das Gesicht. Das ist richtig und ich kann den Wächter nur mit Mühe und Not trösten, indem ich ihm verspreche, mir das nächste mal "auf jeden Fall" mehr Zeit zu nehmen.

Im Frauenzimmer angekommen hänge ich die Poster an die Tafel und warte, bis sich nach und nach der Raum füllt. Zwei Kinder, zwei junge Mädel`s, zwei Frauen. Um 12:00 schließe ich, weil ich heute wieder alleine bin, die Türe von innen ab.
Alle blicken verzückt zu Marie: "Ist das ihre Tochter?" "Ja, sie wird heute mitmachen." Sie sind begeistert, als Marie aus vollem Halse mitsingt/ mitmacht. Marie ist in ihrem Element, zeigt auf die Tafeln und wird nach und nach sogar etwas übermütig indem sie anfängt, die Frauen zu korrigieren. Das heißt aber ce und nicht ci!...Ich wiederhole alles bis dato gelernte und lasse J
jeden die gesungenen Sätze, Worte, Zahlen abwechselnd auf den Tafeln zeigen während die anderen alle singen.

Einem jungen Mädchen (ca.16 Jahre), sie war vorher noch nie bei mir ... fängt nach und nach buchstäblich der Kopf an zu rauchen...sie stöhnt... reibt sich die Augen.. gähnt und möchte bei jeder Unterbrechung (und das sind heute sehr viele, denn alle paar Minuten klopft es an der Tür: da will die eine Frau rein, das andere Kind zu seiner Mutter, der nächste nur mal so reingucken) am liebsten aufspringen und gehen, sie entscheidet sich dann aber immer wieder, doch zu bleiben, bis sie irgendwann einfach nicht mehr kann und schließlich bei der nächsten Unterbrechung/ Gelegenheit das Weite sucht.

Alle anderen machen trotz ewiger Unterbrechungen sehr gut mit. Am Ende (die Tür bleibt offen, da ich es irgendwann aufgegeben habe, den Raum ständig auf und abzuschließen) gesellen sich noch zwei syrische Frauen dazu, sie sprechen beide fließend Englisch. Die Musik beflügelt, lässt die Frauen staunen: ups, so schnell kann`s gehen...da ist schon wieder eine Stunde vorbei. Als ich meine Gitarre einpacke bleiben alle wie angewurzelt sitzen, keiner möchte gehen. "Mir tut es richtig leid aber für heute ist Schluss, nächsten Montag bin ich wieder da." Nach und nach löst sich das Grüppchen auf. Die zwei Englisch sprechenden syrischen Frauen möchten sich noch gerne mit uns auf Englisch weiter unterhalten. Ich bestärke sie Deutsch zu reden/ da sie sehr fleißig zum Deutschunterricht gehen und doch die Konversation auf Deutsch scheuen.

Auf dem Weg zum Auto meint Marie: "Das war schön, aber anstrengend Mama!" - "Diese ständige Unruhe...aber Klasse wie du das mit den Frauen machst, am liebsten wäre ich immer dabei. Ich hab dich so lieb!"

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