Montag, 22. Februar 2016
So viel Sonne (Berlin, den 28.9.2015)
Am Samstag waren wir bei den Markthallen am Marheinekeplatz, wo ich mit Klavier-Helmuts "flying" Piano auf der Bergmannstrasse ge-jammed hab.
Sonntag haben Mariella und ich Gunnar beim Berlin Marathon bei Kilometer 18 mit Gitarre "zugesungen".

Völlig erschöpft kamen Marie und ich 15 Minuten bevor Gunnar vorbeilief beim hotspot (km 18) an. Da wir DIESMAL auf keinen Fall Gunnar verpassen wollten, sind wir super schnell in die Stadt geradelt, etwas früher loszufahren wäre natürlich auch eine Option gewesen!
Ich stand somit völlig verschwitzt mit meiner Gitarre am Straßenrand und besang die Läufer "Lauft, nur noch doppelt so weit, dann seid ihr bald da"... Sah dabei sicher selber so aus, als hätte ich mindestens 30 km auf dem Buckel. Abklatschen erwies sich mit Gitarre als unmöglich, da musste dann ein "Thump up" reichen. Meine "Kleine", völlig platt, hielt das Plakat mit: "Papa Hopp!" auf Halbmast, die Rasseln hingen herab und Mutter ging ab wie Schmidts Katze. Na Prima!

Hätte Gunnar uns nicht zugerufen, dann hätten wir ihn glatt wieder verpasst. Also jetzt immer mit Gitarre an die Läuferbahn. Wieder was dazugelernt!
Im Anschluss sind Marie und ich noch zum Tempelhofer Flughafen und Marie hat mit Untermalung ihrer singenden Mutter die Matheübungen für den Mathetest am Dienstag/ morgen auf dem Feld erledigt. So macht lernen Spaß!
Dann wurden wir nach einer schönen Überraschungsgeburtstagsfeier für eine Freundin noch mit dem Blutmond, den wir vom Badezimmerfenster aus um 4:09 betrachten konnten, belohnt. Also wenn das mal kein mega WE war, dann weiß ich auch nicht!

Nach diesem wunderbaren, superschönen/sonnigen Wochenende bin ich heute bei strahlendem Sonnenschein zum Rathaus Wilmersdorf und habe mich dort nach dem Registrieren erstmal in den Hof gesetzt und mein Plektron rausgekramt.
- Ich hatte mir gestern die rechte Hand beim spielen, als die E-Seite riss, verletzt und deshalb mein Plektron eingesteckt.
Irgendwas muss ich wohl verkehrt machen...ständig reißen mir die Gitarrenseiten...sie halten einfach dem Enthusiasmus, den ich an den Tag lege, nicht stand. Da kann ich nur froh sein, dass ich Stimmbänder wie Drahtseile habe.-

Sofort sammelte sich ein Pulk von Frauen, Kindern und Männern in freudiger Erwartung um mich herum. Hektisch suche ich das kleine Plättchen... hier muss es doch irgendwo in der Handtasche sein...ich hab es doch ganz sicher eingesteckt. Mit zitternden Händen habe ich dann endlich den Korpus Delikti aus der Tasche gefischt, und los geht´s.

Meine Stimme schallt in den Hof, begeisterte Gesichter lassen mich allen möglichen vokalistischen Quatsch machen. Das macht Spaß... es werden Stühle herangezogen ... es wird mitgesungen...getanzt...! Da kommt ein junger Mann zu mir und bittet mich seine Gitarre zu stimmen, da er auch mitspielen möchte. Ich stimme also seine Gitarre so gut es geht.

Kurz darauf spielt er von einer anderen Ecke des Hofes aus mit. Wir singen alle "Die Sonne scheint, das Herze lacht". Eine Helferin, die sich dazugesetzt hat, kommt so richtig in Fahrt. Sie streckt die Arme in die Luft und singt aus vollem Halse: DIE SONNE SCHEINT. "Das ist toll!", jubelt sie immer wieder. Als ich am Ende meine Postkarten verteile, ruft die Helferin aufgebracht dazwischen (da ich erst an die Flüchtlingen verteile und es ihr nicht schnell genug geht): "Ich will aber auch eine!"

Ich blicke auf die Uhr. Es wird Zeit, zum Deutschunterricht der Frauen zu gehen. Nein, sagen die Kinder und zeigen vom Hof aus auf das Fenster vom Spielzimmer. Ich gehe dann umringt von den Kindern in den 2. Stock erst mal ins Frauenzimmer, wo mich gleich die nette Dolmetscherin freudestrahlend empfängt. "Du hast noch Zeit und kannst natürlich erst noch ins Kinderzimmer" - "Gut!"

Ich gehe also in das Kinderzimmer und singe mit den Kindern: Die Sonne scheint! - Farben (grün, gelb, rot, pink, neu dabei sind heute :lila und orange). Ein 11-jähriger Junge ist mächtig motiviert, so dass ich ihm später eine Karte mit bunten Farbherzen gebe. Er schreibt seinen und meinen Namen drauf und sagt, dass er nächsten Montag wieder kommt.

Kurz darauf sitze ich im Frauenzimmer und wir wiederholen singend den Stoff von den letzten Wochen. Neu dabei sind nun die Worte: Vater, Mutter, Großmutter, Großvater, Kinder, Eltern.... Ich mache immer wieder lustige vokale Einlagen, was die Frauen zum lachen bringt. Wir haben alle mächtig Spaß und kommen gut voran.
Am Schluss ist eine Frau so begeistert, dass sie mit temperamentvollen Gesten der Dolmetscherin mitteilt, wie toll sie mich findet. "Die Frauen lieben dich, Lia", sagt sie. "Du bist doch nächsten Montag wieder da?" - "Na klar!"

Es macht mir immer wieder so viel Spaß mit/für die Flüchtlinge zu singen. Nächstes mal, sage ich mir, werde ich etwas mehr Zeit mitbringen, damit ich mich auch mal mit den Frauen unterhalten kann. Näheres über sie erfahren kann, denn sie haben nun das Vertrauen zu mir und ich glaube sie würden sich nun auch gerne mit mir austauschen.

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