... newer stories
Donnerstag, 28. Januar 2016
Ein schönes Erlebnis (Berlin, den 1.9.2015)
lia andes, 23:10h
Ich habe gestern in der Flüchtlingsunterkunft im Rathaus Wilmersdorf gesungen. Ich musste erstmal mit dem Auto so einige Runden drehen, eh ich endlich einen Parkplatz fand...leider bin ich nicht mit dem Fahrrad (wegen der Distanz und meiner Gitarre im Gepäck) gefahren! Am Eingang begrüßten mich deutschsprachige Araber/ Türken sehr freundlich und fragten nach meinem Anliegen. Ich bekundete, dass ich mich als Musiker/Sänger für die Highlights eingetragen hatte (ein super strukturiertes System ermöglichte einem sich als Helfer, ganz unprätentiös, in den verschiedensten Sparten über Internet selber einzuteilen). "Highlight?!" funkelte mich der junge Mann mit seinen leuchtenden Augen an. "Na ja, so wurde es auf der Liste der Webseite zum eintragen betitelt", sagte ich verlegen. "Na dann gehen sie mal zum Infostand im Hof und tragen sich ein."
Also ging ich mit meiner Gitarre in der Hand in den Hof zum Infostand. Alles war bestens organisiert. Ich sollte mich doch bitte in der Liste eintragen und vielleicht mit den anderen freiwilligen Helfern, die die Frauen und Kinder betreuen, und die sich auch schon vor dem Infostand versammelt hatten, mitgehen.
Wir bekamen im Rathaus dann die Schlüssel für die beiden Räume im 3 Stock. Ich war beeindruckt, als ich die liebevoll eingerichteten Zimmer sah. Für die Kinder Spielzeug, Kissen, CD´ s...so wie in einem wohl sortierten KiTa Raum. Hier gab es 4 Freiwillige Helferinnen.
Im ebenfalls gemütlichen Frauenraum haben wir die Tische gesäubert, Kerzen aufgestellt und ich habe mit zwei weiteren sehr netten Helferinnen auf die Frauen gewartet.
Als wir da so gemeinsam saßen und nach 15 Minuten keine der Flüchtlingsfrauen erschien, meinte eine Helferin: "Geh doch einfach in den Hof singen...da sind jetzt so einige Flüchtlinge nach dem Frühstück".
Also bin ich wieder runter in den Hof habe am Infostand gefragt, ob das ok ist, wenn ich nun auf dem Hof singe, da noch keine Frauen/Kinder in den Aufenthaltsräumen seien... "Ja", das sei eine prima Idee.
Also habe ich mir einen Stuhl geschnappt und habe mich mitten auf den Hof gesetzt. Als ich die Gitarre auspackte bekam ich ein leicht mulmiges Gefühl...was sollte ich spielen/singen?...wie werden die Flüchtlinge reagieren?...haben die jetzt eigentlich Lust meine für sie fremde Musik zu hören?...Tief durchatmen...vertraue auf dein Gefühl ...schau dich um...wie ist die Reaktion?...Ein paar Männer sitzen 20 m entfernt in Grüppchen zusammen... ein älterer Herr kommt in meine Richtung...ich fange an zu spielen "Coming home" ...meine Stimme hallt von den Rathausmauern wider...ich merke wie der ein oder andere mit dem Kopf nickt...der ältere Herr setzt sich 10 m entfernt von mir in eine Sesselecke, seine Familie kommt nach und nach dazu (zwei kleine Mädchen, eine jüngere Frau mit Kopftuch). Sie wippen leicht mit dem Fuß den Takt.
Ich improvisiere, mal perkussiv, mal soulig...Dann spiele ich zwei von meinen Stücken: "Ganz allein nur du" und "Love", wobei ich immer viel zwischendrin improvisiere, da ich merke, dass die Improvisationen, die nun immer mehr flamenkisch (Flamenco-mäßig) werden, den Flüchtlingen gut gefallen.
Ein älterer Herr kommt ganz nah ...er gibt mir zu verstehen, dass er nicht singen, aber Schifferklavier spielen kann. Drei junge Männer kommen näher, lassen sich motivieren im Takt mit zu rufen "EH". Das heißt "ja" auf Arabisch, geben sie mir zu verstehen. Die kleine Gruppe 20 m entfernt macht auch mit.
Ich gehe dazu über, rein vokalistisch/ flamenkisch mit viel Perkussion (auf der Gitarre) zu singen. Das scheint allen sehr gut zu gefallen, die zwei kleinen Mädels kommen dichter heran und bewegen sich im Rhythmus, ein kleines Baby quietscht fröhlich auf.
Ich bin in meinem Element...der Schweiß rinnt mir von der Stirn (es sind 35 Grad im Schatten)...eine Seite meiner Gitarre reisst...ich singe/ spiele weiter.
Nach 45 Minuten packte ich meine Gitarre unter freundlichem Zunicken der Zuhörer wieder ein. Ich ging noch mal zum Infostand im Hof um Bescheid zu geben, dass ich noch mal zu den Aufenthalts-/ Betreuungsräume der Frauen/Kinder ins Rathhaus gehe. Da kam eines der kleinen Mädchen, die mit ihrem Großvater und ihrer Mutter in der Sesselecke gelauscht hatte, auf mich zu. Sie winkte mich an sich heran, so als wolle sie mir etwas sagen und gab mir freudestrahlend ein Küsschen auf die Wange. Die Mutter und der Großvater blickten mich freundlich an. Ich bekam feuchte Augen...was für eine Wärme...die großen braunen Augen des kleinen Mädchens und ihre wunderschönen zu Zöpfen gebundenen langen lockigen Haare bleiben in meinem Herzen und Gedanken.
Ich ging wieder mit meiner Gitarre in den 3ten Stock zum Frauenraum...da saßen immer noch nur die zwei Betreuer und mit der Weile hatte sich eine Sozialpädagogin dazugesellt. Wir sprachen ein wenig miteinander und ich bekam den Eindruck, dass die Sozialpädagogin die Einrichtung etwas abschätzend betrachtete. Sie war enttäusch, dass sich keine Flüchtlingsfrauen zeigten. Sie war der Ansicht, die Flüchtlinge seien undankbar und zog nach wenigen Minuten, mit der Begründung, wieder ab: "Ich habe genug gesehen, danke!"
Hallo? Wissen wir, was die armen Menschen in der letzten Zeit alles haben durchmachen müssen? Vielleicht ist den Frauen erstmal daran gelegen, auszuschlafen und nach all den Strapazen sind sie froh, ein Dach über dem Kopf, ein Bett, Essen, Wasser und vor allem etwas Frieden zu haben. Da denken die doch erstmal nicht daran, sich mit irgendwelchen Menschen auszutauschen, die sich erwartungsvoll in einen Raum setzen, geschweige denn therapeutische Gespräche zu suchen (zumal wegen der Sprachbarriere dies eh nicht möglich ist). Dieses Flüchtlingslager mit 500 Flüchtlingen (mit ca. 350 Männern und 150 Frauen und Kindern) ist zudem ein Übergangslager in dem die Flüchtlinge nicht lange bleiben.
Nachdem ich noch nett mit den beiden verbleibenden Betreuern geredet hatte und sich eine weitere freiwillige Helferin zeigte, ging ich nochmal gegenüber in den Raum für die Kinderbetreuung. Da waren nun die 4 Betreuerinnen rührselig mit 2 Kindern beschäftigt. Ich habe mich in eine Ecke gesetzt und angefangen, Gitarre zu spielen und zu singen. Nach und nach lugten kleine Kinderköpfchen durch die Türe und gesellten sich zu uns. Sie setzten sich im Kreis um mich und ich fing an, einige Lieder, "Der Zug", "Hallo", aus meinem Konzept "Singen für Kinder" mit ihnen zu singen. Da ich schon länger nicht mehr so viel Gitarre gespielt hatte, fingen die Fingerkuppen meiner linken Hand an zu schmerzen und ich ging zu meiner Mundperkussion über. Sie riefen nach meinen Anweisungen "Hallo", "Salom", "Tschüss", "che" dazwischen. Wir hatten alle mächtig Spaß!
Ich habe einem Mädchen, da es besonders gut mitgemacht hat, eine Postkarte von mir gegeben...sie hat die Postkarte verwundert, wie einen kleinen Schatz, entgegengenommen.
Erfüllt von den Ereignissen des Vormittags in dem Flüchtlingslager habe ich mich, nachdem ich auch noch ein nettes Gespräch mit einem der Organisatoren dieser freien Bürgerinitiative im Rathaus Wilmersdorf hatte, mit Gunnar im "Brachvogel" zum Mittagessen getroffen. Er bewog mich, nachdem ich ihm von meinem Besuch im Flüchtlingslager berichtet hatte, alles aufzuschreiben.
Ich möchte nun gerne, einmal wöchentlich, so lange die Flüchtlinge meine Musik hören wollen, im Rathhaus für/mit ihnen singen!
Also ging ich mit meiner Gitarre in der Hand in den Hof zum Infostand. Alles war bestens organisiert. Ich sollte mich doch bitte in der Liste eintragen und vielleicht mit den anderen freiwilligen Helfern, die die Frauen und Kinder betreuen, und die sich auch schon vor dem Infostand versammelt hatten, mitgehen.
Wir bekamen im Rathaus dann die Schlüssel für die beiden Räume im 3 Stock. Ich war beeindruckt, als ich die liebevoll eingerichteten Zimmer sah. Für die Kinder Spielzeug, Kissen, CD´ s...so wie in einem wohl sortierten KiTa Raum. Hier gab es 4 Freiwillige Helferinnen.
Im ebenfalls gemütlichen Frauenraum haben wir die Tische gesäubert, Kerzen aufgestellt und ich habe mit zwei weiteren sehr netten Helferinnen auf die Frauen gewartet.
Als wir da so gemeinsam saßen und nach 15 Minuten keine der Flüchtlingsfrauen erschien, meinte eine Helferin: "Geh doch einfach in den Hof singen...da sind jetzt so einige Flüchtlinge nach dem Frühstück".
Also bin ich wieder runter in den Hof habe am Infostand gefragt, ob das ok ist, wenn ich nun auf dem Hof singe, da noch keine Frauen/Kinder in den Aufenthaltsräumen seien... "Ja", das sei eine prima Idee.
Also habe ich mir einen Stuhl geschnappt und habe mich mitten auf den Hof gesetzt. Als ich die Gitarre auspackte bekam ich ein leicht mulmiges Gefühl...was sollte ich spielen/singen?...wie werden die Flüchtlinge reagieren?...haben die jetzt eigentlich Lust meine für sie fremde Musik zu hören?...Tief durchatmen...vertraue auf dein Gefühl ...schau dich um...wie ist die Reaktion?...Ein paar Männer sitzen 20 m entfernt in Grüppchen zusammen... ein älterer Herr kommt in meine Richtung...ich fange an zu spielen "Coming home" ...meine Stimme hallt von den Rathausmauern wider...ich merke wie der ein oder andere mit dem Kopf nickt...der ältere Herr setzt sich 10 m entfernt von mir in eine Sesselecke, seine Familie kommt nach und nach dazu (zwei kleine Mädchen, eine jüngere Frau mit Kopftuch). Sie wippen leicht mit dem Fuß den Takt.
Ich improvisiere, mal perkussiv, mal soulig...Dann spiele ich zwei von meinen Stücken: "Ganz allein nur du" und "Love", wobei ich immer viel zwischendrin improvisiere, da ich merke, dass die Improvisationen, die nun immer mehr flamenkisch (Flamenco-mäßig) werden, den Flüchtlingen gut gefallen.
Ein älterer Herr kommt ganz nah ...er gibt mir zu verstehen, dass er nicht singen, aber Schifferklavier spielen kann. Drei junge Männer kommen näher, lassen sich motivieren im Takt mit zu rufen "EH". Das heißt "ja" auf Arabisch, geben sie mir zu verstehen. Die kleine Gruppe 20 m entfernt macht auch mit.
Ich gehe dazu über, rein vokalistisch/ flamenkisch mit viel Perkussion (auf der Gitarre) zu singen. Das scheint allen sehr gut zu gefallen, die zwei kleinen Mädels kommen dichter heran und bewegen sich im Rhythmus, ein kleines Baby quietscht fröhlich auf.
Ich bin in meinem Element...der Schweiß rinnt mir von der Stirn (es sind 35 Grad im Schatten)...eine Seite meiner Gitarre reisst...ich singe/ spiele weiter.
Nach 45 Minuten packte ich meine Gitarre unter freundlichem Zunicken der Zuhörer wieder ein. Ich ging noch mal zum Infostand im Hof um Bescheid zu geben, dass ich noch mal zu den Aufenthalts-/ Betreuungsräume der Frauen/Kinder ins Rathhaus gehe. Da kam eines der kleinen Mädchen, die mit ihrem Großvater und ihrer Mutter in der Sesselecke gelauscht hatte, auf mich zu. Sie winkte mich an sich heran, so als wolle sie mir etwas sagen und gab mir freudestrahlend ein Küsschen auf die Wange. Die Mutter und der Großvater blickten mich freundlich an. Ich bekam feuchte Augen...was für eine Wärme...die großen braunen Augen des kleinen Mädchens und ihre wunderschönen zu Zöpfen gebundenen langen lockigen Haare bleiben in meinem Herzen und Gedanken.
Ich ging wieder mit meiner Gitarre in den 3ten Stock zum Frauenraum...da saßen immer noch nur die zwei Betreuer und mit der Weile hatte sich eine Sozialpädagogin dazugesellt. Wir sprachen ein wenig miteinander und ich bekam den Eindruck, dass die Sozialpädagogin die Einrichtung etwas abschätzend betrachtete. Sie war enttäusch, dass sich keine Flüchtlingsfrauen zeigten. Sie war der Ansicht, die Flüchtlinge seien undankbar und zog nach wenigen Minuten, mit der Begründung, wieder ab: "Ich habe genug gesehen, danke!"
Hallo? Wissen wir, was die armen Menschen in der letzten Zeit alles haben durchmachen müssen? Vielleicht ist den Frauen erstmal daran gelegen, auszuschlafen und nach all den Strapazen sind sie froh, ein Dach über dem Kopf, ein Bett, Essen, Wasser und vor allem etwas Frieden zu haben. Da denken die doch erstmal nicht daran, sich mit irgendwelchen Menschen auszutauschen, die sich erwartungsvoll in einen Raum setzen, geschweige denn therapeutische Gespräche zu suchen (zumal wegen der Sprachbarriere dies eh nicht möglich ist). Dieses Flüchtlingslager mit 500 Flüchtlingen (mit ca. 350 Männern und 150 Frauen und Kindern) ist zudem ein Übergangslager in dem die Flüchtlinge nicht lange bleiben.
Nachdem ich noch nett mit den beiden verbleibenden Betreuern geredet hatte und sich eine weitere freiwillige Helferin zeigte, ging ich nochmal gegenüber in den Raum für die Kinderbetreuung. Da waren nun die 4 Betreuerinnen rührselig mit 2 Kindern beschäftigt. Ich habe mich in eine Ecke gesetzt und angefangen, Gitarre zu spielen und zu singen. Nach und nach lugten kleine Kinderköpfchen durch die Türe und gesellten sich zu uns. Sie setzten sich im Kreis um mich und ich fing an, einige Lieder, "Der Zug", "Hallo", aus meinem Konzept "Singen für Kinder" mit ihnen zu singen. Da ich schon länger nicht mehr so viel Gitarre gespielt hatte, fingen die Fingerkuppen meiner linken Hand an zu schmerzen und ich ging zu meiner Mundperkussion über. Sie riefen nach meinen Anweisungen "Hallo", "Salom", "Tschüss", "che" dazwischen. Wir hatten alle mächtig Spaß!
Ich habe einem Mädchen, da es besonders gut mitgemacht hat, eine Postkarte von mir gegeben...sie hat die Postkarte verwundert, wie einen kleinen Schatz, entgegengenommen.
Erfüllt von den Ereignissen des Vormittags in dem Flüchtlingslager habe ich mich, nachdem ich auch noch ein nettes Gespräch mit einem der Organisatoren dieser freien Bürgerinitiative im Rathaus Wilmersdorf hatte, mit Gunnar im "Brachvogel" zum Mittagessen getroffen. Er bewog mich, nachdem ich ihm von meinem Besuch im Flüchtlingslager berichtet hatte, alles aufzuschreiben.
Ich möchte nun gerne, einmal wöchentlich, so lange die Flüchtlinge meine Musik hören wollen, im Rathhaus für/mit ihnen singen!
... link (0 Kommentare) ... comment